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Kommunikation 2: Wertschätzende und lösungsorientierte Kommunikation

In Teil 2 der Kommunikationstechniken stelle ich Ihnen ganz konkrete Techniken für eine erfolgreiche und lösungsorientierte Kommunikation vor. Hierzu gehören unter anderem das "Systemische JA" und die "gewaltfreie Kommunikation". Dies ermöglicht Ihnen konstruktiveres Feedback zu geben und auch in Konfliktsituationen einen offenen und wertschätzenden Dialog zu führen.

 

Transkript des Videos


Willkommen im Raum jenseits von richtig und falsch. Und dieser Satz hat für das kommende Video noch mehr Bedeutung als bisher.

Ich werde Ihnen heute 2 effektive und effiziente Kommunikationstechniken vermitteln, um auch schwierige Dialoge offen und lösungsorientiert zu gestalten und klares und konstruktives Feedback zu geben.

Gerne möchte ich kurz vorweg mit Ihnen ein wenig den Hintergrund beleuchten. Warum kommunizieren wir häufig nicht wirklich lösungsorientiert und konstruktiv? In unserer westlichen Kultur sind wir in dem Glauben sozialisiert, es gäbe nur eine Wahrheit. Aber gibt es diese eine Wahrheit tatsächlich? Sind Sie sicher? Der französische Philosoph Rousseau war anderer Meinung. Jede Geschichte hat vier Seiten: Deine Seite, ihre Seite, die Wahrheit und das, was wirklich passiert ist. Für mich klingt das ein wenig wahrer.
In der systemischen Beratung finden Sie ein passendes Konzept, die unterschiedlichen Meinungen und Perspektiven zum Nutzen aller zu utilisieren. Das sogenannte Tetralemma stammt aus der indischen Philosophie. Sie erweitern und öffnen damit Ihren Möglichkeits- und Handlungsrahmen von 2 auf 4 mögliche Positionen. Anstatt ja und nein, richtig und falsch, entweder oder, beinhalten diese 4 Positionen: das Eine - also z.B. Ihre Meinung - was Position 1 wäre, das Andere - die Meinung des Anderen - Position 2, ein Beides bzw. eine Kombination von Position 1 und 2 zu einer Position 3 und die vierte Position ist keines von Beiden und etwas gänzlich Neues. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten zwischen Position 1 und 2 zu oszillieren und zu einer Position 3 zu gelangen. Hier einige Beispiele dies zu realisieren: Iteration anwenden, Pseudo-Differenzen aufdecken, übersummative Verbindungen schaffen, systematische Ambiguität einführen, einen Kompromiss gestalten und so weiter. Anstatt zu diskutieren wer nun Recht oder Unrecht hat, kreieren und erschaffen Sie eine weitaus bessere Lösung oder bewegen sich zumindest vorwärts.

Was ich auch immer wieder in Unternehmen beobachte: Wir argumentieren oft im Kontext abstrakter Worte. Das können zum Beispiel Begriffe wie Strategie oder Vision sein oder auch eher wertebasierte Worte wie Solidarität oder Loyalität. Ihre Definition von Loyalität unterscheidet sich vermutlich erheblich von meiner Definition. Haben Sie Recht und ich Unrecht oder habe ich Recht und Sie Unrecht? Und wohin - was ja am wichtigsten ist - führt uns diese Diskussion? Wir bleiben stehen, stecken fest und schlimmstenfalls wird unsere Beziehung geschädigt. Es wäre doch wesentlich besser für uns beide, die Perspektive und die Meinung des anderen als Bereicherung anzuerkennen. Ich habe das in Dutzenden von Workshops erlebt und möchte Ihnen ein weiteres Beispiel nennen: Wenn ein Team in einem Strategie-Workshop festgefahren ist, endet dies meist in endlosen Debatten oder Konflikten zu bestimmten Themen. Und dann stelle ich jeder Person eine sehr einfache und simple Frage: Bitte sagen Sie mir, was Strategie für Sie bedeutet! Wie definieren Sie Strategie! Und raten Sie mal: Fragen Sie 10 Personen, erhalten Sie in der Regel 10 Definitionen. Fragen Sie sich also selbst: Ist es möglich, sich zu bestimmten Themen und Fragestellungen zu einigen, wenn die Menschen 10 verschiedene Sprachen sprechen? Sinnvoller wäre es gemeinsam zuerst den Begriff und was jeder darunter versteht zu klären.

Wie anfangs versprochen möchte ich Ihnen zwei Wege aus diesem Dilemma aufzeigen - zwei pragmatische und leicht zu erlernende Kommunikationstechniken für die Gestaltung eines konstruktiven Dialogs. So einfach und leicht diese Techniken auch sind, es bedarf bewusster Übung sie in Ihren Kommunikationsstil zu integrieren, da gewohnte Kommunikationsmuster in der Regel stark ausgeprägt sind.

Die erste wird als „systemisches Ja“ bezeichnet. Wenn jemand eine abweichende Meinung äußert, sehen Sie davon ab, das Wort "Nein" zu verwenden. Mit "Nein" schliessen oder beenden Sie den Dialog und beide Parteien sind festgefahren. Und selbst wenn - also nur wenn - Sie sich dessen nicht bewusst sind, wird dies auf neurologischer und unbewusster Ebene auf jeden Fall geschehen. Stattdessen sagen Sie einfach Ja - nicht zu der Meinung des anderen - aber es gibt eine Menge Jas, die Sie kommunizieren können: Ja, ich höre, was Sie sagen ... ja, ich kann Ihre Position sehen ... ja, ich würde gerne mehr über die Annahmen erfahren, die zu Ihrer Meinung führen ... und so weiter. Und dann ersetzen Sie "nein" durch „und": „und" es ist wichtig für mich weitere Punkte zu berücksichtigen ... „und“ ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf einen zusätzlichen Aspekt lenken ... „und“ ich sehe zusätzliche Themen, die zu berücksichtigen sind und so weiter. Sie gestalten den Dialog somit offen und lösungsorientiert und nähern sich gemeinsam fast schon automatisch einer Lösung.

Die zweite Technik ist die Gewaltfreie Kommunikation und hat sich besonders bei der Vermittlung von kritischem Feedback und der Lösung von Konflikten bewährt. Ich werde den vierstufigen Prozess der gewaltfreien Kommunikation an einem einfachen Beispiel aus dem wirklichen Leben veranschaulichen. Nehmen wir an, Sie arrangieren ein Meeting mit 6 Teilnehmern, von denen einer der Teilnehmer 15 Minuten zu spät kommt - die anderen 5 Teilnehmer, darunter Sie, warten und sind bereits etwas verärgert. Wenn der Nachzügler endlich ankommt, könnte einer von Ihnen sagen: Mensch, Sie kommen immer zu spät. Das ist nicht nur eine Generalisierung und ein Angriff auf die Person anstatt ihres Verhaltens, sondern höchstwahrscheinlich bewirkt diese Aussage auch keine Verhaltensänderung.
Die gewaltfreie Kommunikation bietet ihnen einen alternativen Weg in 4 Schritten an. Der erste Schritt: beschreiben Sie die Situation so objektiv und faktenbasiert wie möglich. Hier gilt: weniger ist mehr. Der erste Satz könnte zum Beispiel lauten: Wir haben unser Treffen vor einer Woche für 9 Uhr angesetzt und Sie haben die Einladung angenommen. Jetzt ist es 9.15 Uhr und wir warten seit 15 Minuten auf Sie. Sie beschreiben lediglich objektiv und faktenbasiert, was JETZT passiert ist. Sie haben vielleicht bemerkt das hier ein etwaiges „warten mussten“ fehlt, denn sie müssen nichts - es war Ihre Entscheidung. Dann beschreiben Sie Ihre Gefühle hinsichtlich dieses Verhaltens, wie z.B.: ich empfinde das als respektlos oder ich werde wütend und so weiter. Im geschäftlichen Kontext ist dieser Schritt optional, da manche Menschen ihre Gefühle nicht gerne ausdrücken. Meine Empfehlung ist jedoch ganz klar diesen Schritt nicht zu überspringen. Wir sind keine Roboter - wir sind Menschen. In einem dritten Schritt erklären Sie dem Nachzügler, welcher Ihrer Werte durch dieses Verhalten verletzt wurde. Das könnte sich zum Beispiel so anhören: Es ist mir wichtig, dass wir unsere Zeit effektiv und effizient nutzen ... oder ... Es ist mir wichtig, zu respektieren, dass jeder von uns eine hohe Arbeitsbelastung und limitierte Zeit zur Verfügung hat - und so weiter. Und jetzt kommt der wichtigste Schritt - sozusagen die Ziellinie. Sie fragen konkret und präzise nach dem Verhalten oder der Handlung, die Sie sich wünschen. In diesem Fall könnte das zum Beispiel sein: Können Sie sicherstellen bei unserem nächsten Meeting pünktlich zu sein? Rechnen Sie bitte damit, dass die Person ja sagen kann und natürlich auch nein. Vielleicht etwas in der Art wie: Ich kann das nur bedingt gewährleisten, da ich jeden Montag vor unserem Treffen um 8.30 Uhr einen Team-Call habe, der manchmal länger dauert. Und jetzt haben Sie einen Dialog wie: OK ... das verstehe ich. Wäre es günstiger unser Treffen am Montag auf 9.30 Uhr zu verschieben? Können Sie dann sicherstellen pünktlich zu sein? Wäre das für alle anderen Teilnehmer möglich? ... und so weiter. So bleibt die Beziehung intakt und Sie finden höchstwahrscheinlich in wenigen Minuten eine Lösung.

Immer wieder kann ich in Unternehmen 3 Reaktion beobachten, wenn es darum geht schwierige Themen anzusprechen und / oder ein möglicher Konflikt antizipiert wird. Alle 3 Verhaltensweisen schaden den Personen und der Organisation. Die 1. mögliche Reaktion ist das Thema unter den Teppich zu kehren und zu warten, bis es irgendwann explodiert. Die 2. ist ein passiv-aggressives Verhalten, wie ... was soll's - dann komme ich beim nächsten Mal eben auch zu spät. Aber wie Paul Watzlawick schon sagte: Man kann nicht nicht kommunizieren. Last not least: in Konflikt oder Streit zu geraten und somit die Beziehung eventuell sogar dauerhaft zu schädigen. Die gute Nachricht ist: Meist ist dies einfach ein Mangel an Kommunikationsfähigkeiten. Probieren Sie also die 2 Techniken selbst aus und wundern Sie sich was passiert und wie leicht Sie Konflikte künftig auflösen können.

Glauben Sie nichts von dem, was ich sage - sondern probieren Sie es für sich selbst und praktizieren Sie die Kunst der Möglichkeit.

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